Interview mit Christa Riesen, die Künstlerin und Schöpferin der MARIAS

MARIAS sind schöne, kräftige, weibliche Formen. Frau Riesen, wie kam es dazu, dass Sie die MARIAS geschaffen haben:

Am Anfang habe ich gezeichnet und eine Form geschaffen, die dann immer mehr einer Frauenfigur glich. Dann kam das Bedürfnis mit Farben zu arbeiten. Die Figuren haben ihr Eigenleben entwickelt.

Der Name MARIAS ist für Sie auch von besonderer Bedeutung?

Das sind mehrere Aspekte. Der Name Maria, als biblischer Name der Mutter von Jesus. Ein Name, der in allen Sprachen ausgesprochen werden kann und es ist zudem mein zweiter Vorname.  MARIAS in der Mehrzahl habe ich gewählt, weil der Name MARIAS für alle Frauen steht.

Wann kamen Sie zu der Idee, dass die Figuren der MARIAS als ein Symbol für Respekt und Freiheit gegenüber Frauen und Kindern stehen werden:

Während dem Malen habe ich mich immer mehr in der künstlerischen Arbeit vertieft und merkte, diese Frauenfiguren müssen einen tieferen Sinn haben, da steckt mehr dahinter.

Was ist dieses „mehr dahinter“?

Es ist immer ein Wunsch von mir gewesen, irgendetwas mit meiner Kunst zu bewirken, irgendwie und irgendwo zu helfen. Das habe ich auch während des Malens gedacht und mich gefragt, wo könnte ich mich engagieren. Ich habe gesucht und im Web einiges  über Frauenhilfswerke gefunden. Doch die meisten Frauenhilfswerke sind im Ausland, z. B. in Drittweltländern. Ich wusste, ich will hier in der Schweiz etwas bewirken.

Für mich war dann schnell klar, welches Thema in der Schweiz mich immer wieder stark berührte. Es war die Gewalt gegen Frauen und Kinder. Es gab auch eine traurige Geschichte mit häuslicher Gewalt in meinem Freundeskreis.  Da habe ich hautnah miterlebt, wie schrecklich ungeschützt eine Frau dasteht, die der Gewalt durch ihren Mann ausgesetzt ist. Marias sind Mahnmal und Solidaritätszeichen in einem.

Wie gingen sie dann vor, um ihr Hilfsprojekt zu starten?

Ich nahm Kontakt mit einem Frauenhaus auf, habe mich in das traurige Thema der Gewalt gegen Frauen und Kindern eingelesen und nebenbei die Frauenfiguren, die MARIAS fertiggestellt. Immer wieder habe ich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis  davon gesprochen, mit diesen Figuren etwas bewirken zu wollen. Alle Menschen, die ich angesprochen habe, waren begeistert von der Idee, ein Mahnmal zu schaffen, das gegen Gewalt steht.

Was bewegt sie, wenn sie über das Thema der MARIAS sprechen

Ich denke, häusliche Gewalt ist ein Thema, das uns alle betrifft. Es passiert wirklich im nächsten Umfeld und bleibt lange unentdeckt. Mir ist es wichtig, etwas für die betroffenen Frauen und Kinder zu tun. Als erstes, darauf hinzuweisen, dass es diese Form der Gewalt gibt und das wir alle etwas dagegen setzen können. Jeder das, was er kann. Ich kann mit meiner Kunst in die Öffentlichkeit gehen.

Wie helfen Sie konkret?

Alle MARIAS stehen zum Verkauf, denn  auch mit dem Erlös kann Gutes bewirkt werden. Ich stelle die MARAIS her, als Symbol und Mahnmal für Respekt und Freiheit, gegenüber Frauen. Diese Aussage ist mit der Figur verknüpft.  Käufer und Käuferinnen zeigen mit dem Kauf ihre Solidarität gegenüber den Gewaltopfern, den Frauen und Kindern, die unter häuslicher Gewalt leiden.

Gleichzeitig stehe ich mit  verschiedenen Institutionen und Frauenhäusern und Menschen in Kontakt, die gleich denken wie ich. Die ersten MARIAS unterstützen das Frauenhaus Zürich Violetta in Zürich. Ein Haus mit 24 Plätzen für Frauen und Kinder, die nach häuslicher Gewalt flüchten müssen.
24 Plätze, die lange nicht ausreichen. Im Jahre 2012 mussten 1027 Frauen und Kinder von den Schweizer Frauenhäuser abgewiesen werden, weil es an Betten fehlte. Die Organisationen brauchen unbedingt Geld für Betten, mehr Therapien und andere wichtige Ressourcen um den Frauen helfen zu können.

Vom Verkauf der MARIAS geht ein grosser Teil auf das Spendenkonto MARIAS. Dieses Geld wird eingesetzt, um in verschiedenen Frauenhäusern dafür zu sorgen, dass es mehr Betten, mehr Platz und mehr Finanzen gibt, die da dringend gebraucht werden. Ich stehe heute noch ganz am Anfang mit meinem Projekt. Meine Vision ist, dass in der ganzen Schweiz die MARIAS als Mahnmal stehen und wir uns immer wieder daran erinnern, dass die häusliche Gewalt zu unserem Alltag gehört und das das nicht so bleiben muss.  Erst, wenn wir alle bereit sind, diesem Thema einen Platz zu geben und bereit sind, uns um die Frauen und Kinder zu kümmern, die es betrifft, erst dann kann sich etwas ändern. Dafür stehen die MARIAS.

Was denken Sie über die Männer, die gewalttätig werden?

Bei der häuslichen Gewalt gibt es nur Verlierer. Mir ist geht es nicht darum, die Männer anzugreifen und als Täter und Schuldige hinzustellen. Mir steht es nicht zu, dass ich verurteile. Alle haben ihre Geschichte und tragen ihre Probleme weiter. Ich wünsche mir, dass die Männer, Hilfe bekommen durch Therapien und andere geeignete Hilfestellungen. Es ist wirklich wichtig, dass wir nicht vergessen, dass auch die Täter Hilfe brauchen, um aus dem ungesunden Verhalten raus finden. Doch das ist nicht mein Anliegen, das überlasse ich anderen. Ich fühle mich mit den MARIAS für die Frauen und Kinder zuständig.

Was planen Sie als nächstes?

MARIAS und das Projekt möchte ich vielen Interessierten vorstellen und breit bekannt machen. MARIAS sind „salonfähig“ und bringen das traurige und schreckliche Thema mit einer farbigen und fröhlichen Seite an die Menschen. Es ist mir wichtig, weitere Mitstreiterinnen zu finden und die Menschen landesweit für dieses Thema zu sensibilisieren. Ich habe mir Grosses vorgenommen. Bis heute habe ich immer wieder selbst viel Unterstützung und Hilfe für das Projekt bekommen. Mit der Mithilfe der vielen Mitstreiterinnen und Mitstreiter kann ich das Projekt weiterführen. Viele wollen mithelfen und das macht mich so sicher, dass die MARIAS Gutes bewirken und wirklich ihren Platz haben.

21. Oktober 2013